Wir alle kennen das Gefühl, wenn wir mit Angst in ein Gespräch gehen. Wir sind nicht mehr wir selbst, legen dabei jedes Wort auf die Waagschale nur um ja nichts Falsches zu sagen und den Gesprächspartner zu verärgern, vor den Kopf zu stossen oder ihm nicht zu gefallen.
Du darfst nicht, Du sollst nicht
Eigentlich wissen wir alle, dass positive Herangehensweise eine viel bessere und stärkere Motivation nach sich zieht, als eine Arbeit, die auf Angst gründet. Und doch wurde in den letzten Jahren im Medientraining sehr oft das trainiert, was man NICHT sagen darf, was man um Gottes Willen NICHT tun darf und wie man auf der Bühne NICHT zu stehen hat etc. .
Man möge mir den Vergleich mit einem Tiertrainer verzeihen :)) … – aber diese arbeiten ausschließlich mit positiver Verstärkung. Macht Bello das gut, kriegt er ein Leckerli, macht er es schlecht, kriegt er nix. So hat der Kleine Spass und Freude, fokussiert auf das gut Gemachte aber niemals ist dabei Angst im Spiel. Er freut sich darüber, mit Ihnen zu arbeiten und eilt von Lob zu Lob.
Gute Performance kann niemals auf Angst gründen (Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag im Magazin „TRAINING“ unter dem Titel „Begeistert statt verängstigt„)… Stellen Sie sich Marcel Hirscher im 2. Slalomdurchgang vor, wie er aus lauter Angst, den Lauf zu versemmeln, viel zu vorsichtig die Piste runter rauscht… geht nicht und hat’s nie gegeben. Deshalb ist Hirscher, der, der er ist – ein Sieger.
Wenn meine Kunden sich auf ihre Rede, ihr Interview, ihren Pitch freuen… – dann habe ich das Ziel erreicht.
Das heißt nicht
…dass man sich – übermotiviert und blind vor Freude – von einem Fettnapf zum nächsten redet.
Erst denken, dann reden – gilt vor allem in Interviews. Auch aus Live-Interviews werden später Zitate / Ausschnitte gesendet, die unter Umständen völlig aus dem Zusammenhang gerissen sind, worauf Sie aber keinen Einfluss mehr haben.
Sie sind für das verantwortlich, was Sie sagen. Sagen Sie also nichts – auch nicht im beiläufigsten Nebensatz – was später negativ zitiert werden könnte.
…und wie begegne ich der Angst?
Im Zuge einer Weiterbildung am New Yorker Lee Strasbergs actors studio fand ich folgendes hoch interessant: alle Schauspielschüler in den ersten Monaten lernen vor allem eines: sich zu entspannen. Denn die Grundthese lautet: nur auf Basis von Entspannung kannst Du gut performen.
Das heisst für Medien- und Redecoaching: das Aufbürden von Donts und von Fehlern sollte ein Mindestmaß haben – sonst kickt der Stress rein (siehe Stille als Ursprung des Charismas). Und das bedeutet auch: je besser man vorbereitet ist, umso entspannter ist man. Das Vorwegnehmen von Bühnensituationen und das Trainieren von Interviews machen dazu natürlich sehr viel Sinn (oder auch das Lesen meiner Goldenen Regeln für Rede und Präsentation :)).
Dürfen und Müssen
- Experten werden zu einem Thema, einem Vortrag eingeladen – sie dürfen reden.
- Der CEO eines großen Unternehmens, das negativ in die Schlagzeilen rutscht, wird vorgeladen, er muss reden.
Ersterer wird gerne immer wieder zu weiteren Interviews geladen, wenn er es schafft, eine gute Servicestation für Journalisten zu sein. Die sind froh, wenn der Experte ihnen das beste Material mediengerecht anbietet.
Pflicht des Zweiten ist es, in der Krise richtig kommunizieren.
Hier die Frage und dort das, was Sie eigentlich sagen wollen
Sie werden interviewt, weil Sie etwas zum Thema zu sagen haben.
Also sagen Sie es! Warten Sie nicht, bis die richtige und genau passende Frage dazu kommt! Nehmen Sie das Ruder in die Hand, seien Sie aktiv und setzen Sie Ihre Botschaft ab!
Die passende Frage kommt vielleicht nie und Sie gehen aus dem Interview, ohne Ihre Message (siehe Storytelling) an den Mann / die Frau gebracht zu haben.
Wohlan! Wohlauf! Let it burn!
Öffnete dieser Beitrag mit „Du darfst nicht, Du sollst nicht“, so endet er mit einem Appell an Ihre innere Haltung, Ihre Emotionen, an die Kraft in Ihnen, an Ihre Authentizität und vor allem an eine klare Botschaft, die Sie an Ihr Publikum senden.
Seien Sie begeistert und begeistern Sie damit andere. Let it burn!
Zum Thema:
Das perfekt Interview | Wer sind diese Journalisten eigentlich? | Interviewtraining: Die Schuld der Journalisten
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