Ich habe als Medientrainer oft eine spannende Aufgabe zu meistern: Meine Kunden kommen nach PR Workshops, Krisenmeetings, Interviewvorbereitungen aus stundenlangen Meetings und Abstimmungen. Sie haben in mühevoller Kleinarbeit unzählige Question & Answers verfasst, sie haben Zahlen und Listen zusammengetragen, kurzum sie sind argumentativ aufmagaziniert, könnten stundenlang jedes Detail erklären und wollen die Weltretten. Wenn diese Vorarbeit geschehen ist, ist das wunderbar und wichtig. Und professionell. Ebenso wichtig ist es nun – und damit bin ich bei meiner Aufgabe – für die Interviews 99% davon wieder zu verwerfen und alles auf eine Kerngeschichte zu fokussieren. Dazu gibt es viele Hilfmittel wie lästiges, insistierendes Fragen, Dummstellen und die Eigenschaft, nie die Zielgruppe zu vergessen. Und dabei kommt immer wieder gute alte analoge Kommunikationsübung zum Einsatz: Papier und Stift.

Die Macht des Rahmens

Ein Flipchart oder ein Blatt A4 haben einen unschätzbaren Vorteil: Grenzen. Ich bin hier ein überzeugter Kämpfer für das Analoge: Worddokumente verlocken dazu, mitzuschreiben und immer länger zu werden. Und sie haben weniger Übersicht. Ein Blatt Papier ist ein Blatt Papier (gerne auch eine Serviette wie in diesem wunderbaren Buch). Es ist unverrückbar in seiner Größe, man kann es angreifen, herumreichen. Genausogut ein Flipchart – wenn mehr Menschen im Raum sind, ist es viel anschaulicher und durch die Größe der Schrift entspricht die Menge darauf dem Blatt A4. Das ist später unendlich praktisch. Sie können das eine Blatt überallhin mitnehmen, sie können es fotografieren und weiterleiten. Und das beste: Sie können mit dieser Kommunikationsübung genau den Inhalt in einem Gespräch jederzeit reproduzieren. Versuchen Sie das mal mit 50 Seiten Worddokument.
Und Sie fokussieren: Das Nachdenken im Rahmen bringt die Gedanken auf den Punkt.

Open your Mind

Niemals, so meine Erfahrung, ist das erste Blatt das endgültige. Fordern Sie sich immer wieder dazu auf, Folgendes zu versuchen

  1. Zeichnen Sie die Situation als Schaubild auf oder
  2. Schreiben Sie die wichtigsten Punkte hin oder
  3. Zeigen Sie grafisch und mit Schrift, wie die Dinge zusammenhängen.

Egal wie: Aber kritzeln, schreiben, zeichnen Sie immer wieder drauf los. Stellen Sie sich dabei vor, dass jemand aus der Zielgruppe vor Ihnen sitzt: Und Sie erklären mit Händen, Füßen und Stift, mit allen Mitteln auf einem einzigen Flipchart worum es Ihnen geht. Machen Sie diese Kommunikationsübung immer wieder – immer mit dem Ziel, dass letztlich die Kerngeschichte auf einem Blatt Papier steht.

Test: Wenn Sie jemandem im Probeinterview etwas erklären und sich dabei in fast jedem Satz auf Ihr Papier beziehen können. Wenn Sie also sagen: „Ja genau – da sind wir hier. Und weil das so ist, ist das so…“ Dann funktioniert es.

Interview Unterstützung

Im Interview selbst können Sie damit auch arbeiten. Im Zeitungs und online Interview jederzeit, im Radio- und TV Interview als Erklärung vor dem Interview und um die Geschichte auf den Punkt und damit in die gewünschte Richtung zu lenken. Sie können dabei sponaten agieren und sagen: „Ich zeichne Ihnen das schnell mal auf.“ Wichtig: Das darf niemals überladen und wirr sein. Denken Sie eher an ein Pixi-Buch. Oder an diesen wunderbaren Vortrag „Warum die NASA Powerpoint verboten hat.“ Oder sie nehmen eine saubere, klare Grafik / Punktation mit. Wenn man es vorher geübt hat (!!!) ist meist die „spontane“ Zeichnung oder Grafik besser.

Powerpoint WOW

Wenn Sie übrigens diese Kommunikationsübung auf Ihren Computer übertragen, haben Sie für den nächsten Vortrag zum Thema auch gleich ein knackiges Powerpoint Slide. So wie Sie zeichnen würden, entsteht Klick für Klick Ihre Idee. Oder aber: Sie lassen Powerpoint überhaupt weg und versuchen es Mal mit einem Flipchart – Sie werden sehen: Der Rahmen macht eine unglaubliche Wirkung und Sie können aktiv und in Ruhe Ihre These ableiten.